König Taufa`ahau Topou IV galt einst als dickster König der Welt. 210 Kilo soll er in Bestzeiten auf die Waage gebracht haben. Dick sein galt für Tongaer als erstrebenswerter Zustand, denn er symbolisierte einst Wohlstand. Es gibt immer noch Münzen auf denen die Aufforderung „Fakalahi me akai“ eingeprägt ist. Es bedeutet: „Mehr essen.“
Besagter König ist 2006 verstorben und mittlerweile ist sein zweiter Nachfolger Topou VI an der Macht. Ob auch er der dickste König der Welt ist lässt sich nicht belegen aber auf jeden Fall ist er eine stattliche Erscheinung. Das weiß ich, denn ich habe mir Fotos von der Adelsfamilie im Internet angeguckt. Ein bisschen Regenbogenpresse tut mir hin und wieder gut.
Auf der 8-tägigen Überfahrt von den Cook Islands nach Tonga hatte ich genug Zeit, die Fantasie in mir aufkeimen zu lassen, den König zu suchen, ihn schließlich zu finden und mit ihm zu Abend zu essen. Adam und ich würden uns herausputzen (wann hat man auf einer Segelreise schon die Gelegenheit dazu?), eine Kutsche würde uns vom Dinghy-Steg abholen und im Palast würde ein großes Bankett mit vielen Köstlichkeiten auf uns warten. Staatsmännisch würden wir uns über das Weltgeschehen unterhalten, während eine Tanzgruppe folkloristische Tänze vorführte. Händeschüttelnd würden wir in die Kameras lächeln. Anschließend würden wir satt aufs Boot zurück kehren.
Von dieser Fantasie angetrieben, landeten wir in Neiafu an. Neiafu ist die Hauptstadt der Vava´u-Gruppe, eine bei Seglern zu recht beliebte Inselgruppe im Norden Tongas. Wir dachten, es sei Freitag, doch beim Einklarieren wurden wir über die Tatsache informiert, dass es bereits Samstag war – wir hatten die Datumsgrenze überquert und einen Tag „verloren“. Weil es also schon Wochenende war, mussten wir eine Extra-Gebühr an die Behörden bezahlen, was ich gemein fand.
Wir gingen im Hafen von Neiafu an eine Mooring-Boje und dann recht zügig an Land und ins nächste Restaurant, denn die Königsfantasien und der mittlerweile leere Kühlschrank hatten uns hungrig gemacht.
In den nächsten Tagen stockten wir unsere Vorräte auf, nicht ohne hin und wieder nach der Adelsfamilie Ausschau zu halten, die wir aber nicht fanden. Dabei stellten wir fest, dass sämtliche Einkaufsläden in chinesischer Hand zu sein scheinen. Über die Hintergründe hierzu im Speziellen und die bilateralen Beziehungen zu China im Allgemeinen hätten wir uns gerne beim besagten Staatsbankett mit dem König unterhalten aber er versteckte sich weiterhin hartnäckig.
Nach ein paar Tagen warfen wir „den Jockel“ an und motorten in die Inselwelt von Vava´u. Alle Inseln liegen so dicht beieinander, dass es sich nicht lohnte, Segel zu setzen.
Von der Bucht Port Maurelle aus machten wir uns mit dem Dinghy auf, die Höhle Swallows´s Cave zu explorieren. Wir stellten fest, dass es ein recht langer Weg war und die Wellen tüchtig am kleinen Dinghy leckten. Als wir schließlich in die Höhle hineinfuhren, fühlten wir uns auf einen anderen Planeten versetzt. Die kathedralenartige Wölbung schimmerte in den unterschiedlichsten Blau- und Grüntönen, von der Decke hingen Gebilde, die wie Alieneier aussahen. Unter Wasser waberte ein riesiger Fischschwarm und verstärkte das surreale Sujet.
Bezaubert von der Schönheit dieses besonderen Ortes machten wir uns auf den Weg zum Boot zurück, doch schon nach kurzer Zeit machte der Außenborder schlapp. Die kräftigen Wellen und die lange Strecke waren einfach zu viel für den Kleinen. Die Strömung trieb uns bereits Richtung offene See, was ungemütlich war. Wir griffen die Paddel und wollten gerade loslegen, die 3 Meilen zurück zur Vixen zu rudern, als ein kleines Motorboot um die Ecke kam. Wir winkten und riefen um Hilfe. War das etwa die königliche Brigade, die ausgesandt wurde, uns zu retten? Langsam näherte sich das kleine Boot und man lud uns auf. Das Dinghy wurde am Heck befestigt. Der König hatte mit unserer Evakuierung allerdings nichts zu tun. Eine freundliche Familie war es, die uns zurück zur Vixen brachte. Sie wohnte auf der Nachbarinsel und kam gerade vom Einkaufen aus der Stadt zurück. Zum Dank schenkten wir Ihnen Angelhaken und Benzin. Über das Benzin haben sie sich besonders gefreut, denn das Tankschiff hatte schon lange nicht mehr angelegt und der Sprit war alle.
Die restlichen Tagen vergingen ein bisschen langweilig, weil es viel regnete und „kalt“ war, so dass das Meer kaum zum Baden, Paddeln oder Schnorcheln einlud, jedoch dazu führte, dass wir uns seit langer Zeit mal wieder Socken anzogen und viel aßen.
Weil sich das Wetter nicht besserte, machten wir uns kurze Zeit später auf den Weg nach Fiji. Zum Abschied winkte nur der Tankwart, bei dem wir noch tüchtig Diesel bunkerten. Der König aber blieb zu Hause.