Nach 21 Tagen Atlantik – wir nahmen die sogenannte Südliche Route – sind wir brav am Heiligen Abend in Bequia/St. Vincent and the Grenadines angekommen. Nach der strapaziösen Passage wollte man dann auch nur noch frohlocken und mit roten Backen und glänzenden Augen unter dem Kokosnussbaum sitzen und Halleluja singen. Preiset den Herrn, hätte ich laut ausgerufen, wenn ich mich getraut hätte, wir haben es überstanden.
Zur Überfahrt wurde ja bereits etwas geschrieben und es gibt diesbezüglich auch nicht mehr viel zu ergänzen, außer dass der Passatwind und die Strömung und die Wellen wohl auch nicht mehr das zu sein schienen, was sie es einst mal gewesen sein sollten. Richtig schön war das summa sumarum alles nicht. Der Atlantik zeigte sich launisch und unberechenbar. Wir waren ständig nass. Oben, von den Brechern, die sich über das Deck wälzten. Unten, von unserem eigenen Schweiß, der rann, weil wir nicht vernünftig lüften konnten, wegen der Brecher, die sich über das Deck wälzten. Oder weil wir kühn doch mal heimlich gelüftet haben, nur 2 Minuten, und sich dann wieder die Brecher über das Deck wälzten. Aus Solidarität wälzten wir uns auch, und zwar in unseren Kojen und immer dann, wenn wir eigentlich schlafen wollten. Bei 6 – 7 Bft. und Kreuzsee ein anscheinend anmaßendes Unterfangen. Das dacht sich bestimmt der Atlantik und rüttelte und schüttelte und zerrte weiter an unseren Boot und unseren Nerven.
Und dann also zwischen den Jahren in der Karibik, wir waren müde, wir wollten uns erholen, wir wollten gepflegt in ein Restaurant oder zumindest in eine Bar gehen aber wir haben nicht mit langem Arm der Verwaltung des winzigen Inselstaates gerechnet. Die Details der Einreisebestimmungen und des Corona-Prozedere an dieser Stelle näher zu erläutern, würde zu weit und zur Langeweile der Leserschaft führen. Nur so viel sei gesagt: obwohl wir alles richtig gemacht haben (Anmeldung, PCR-Test, Mails an diverse Ämter) dürften wir offiziell erst mal nicht an Land. Warum? Wir sind durchs System gerutscht. Was hatte das für uns zur Folge? Das hatte für uns zur Folge, dass wir gewissermaßen illegal waren, zumindest für 2 Tage. War das eine interessante Erfahrung? Ja. Hätte wir darauf verzichten können? Liebend gern. Doch dank einer freundlichen Krankenschwester klärte sich alles zu unseren Gunsten auf, St. Vincent hieß uns herzlich Willkommen und endlich, endlich!, konnten wir, wie eingangs erwähnt, Halleluja singen.
Eine Atlantiküberquerung bringt viele Überraschungen mit sich, die man erst später merkt. Rostige Dosen, zerborstene Einmachgläser, Wasser und andere Flüssigkeiten (Einmachwasser?), wo es trocken sein sollte. Ankommen heißt auch Saubermachen, Lüften, Waschen. Ankommen heißt Reparieren (Groß- und Vorsegel, Herd, Pumpen, Reling, Klodeckel, das Radio, das Gemüt).
Irgendwann heißt Ankommen aber auch das, was sich man sich gewünscht hat: Halbmondförmige Strände, türkisfarbenes Wasser, Steeldrums, Mangos, Rumpunsh. Klischeehaft aber schön, leicht und luftig. Dabei aber niemals wie ein plattes Postkartenmotiv, sondern eigenständig und mit der einen oder anderen Ecke und Kante.
Bequia ist eine kleine Insel, die gefällt. Es gibt nicht viel zu sehen in der Hauptstadt Port Elisabeth und in der Handvoll anderer Orte, was angenehm unaufgeregt ist. Auch viele Leute machen einen unaufgeregten und entspannten Eindruck. Nach mittlerweile 2 Wochen scheinen wir die halbe Insel zu kennen und haben erste Freundschaften geknüpft. Wir haben Hähnchen in sämtlichen Varianten gegessen und sogar Schweineschwanz vom Grill probiert. Es ist schön, so herzlich aufgenommen zu werden und sich sogar ein bisschen zu Hause zu fühlen. Oder ist es das Boot, was langsam zu unserem Zuhause wird?
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