Satt und sauber in A Coruna

Die Biskaya war uns also los. Gnädig hatte sie uns entlassen, als wir mitten in der Nacht in A Coruna / Galizien ankamen. Ein grüner Leuchtbogen wies uns den Weg in die Marina. Dank der Nebensaison war sie recht leer uns so fanden wir schnell einen Steg, an dem wir bequem anlegen konnten. Während des Manövers kam recht hurtig auf einem Klappradein “Marinero“ angeradelt, um uns zu helfen. Die Ankunft nach vier Tagen auf See wurde standesgemäß mit Sekt begossen – spanischem versteht sich – dann legten wir uns zum Bubu machen in die Koje.

Am nächsten Morgen wachten wir verquollen, gerädert und mit Muskelkater auf; ob vom Sekt oder von den Strapazen der letzten Tage: wer weiß das schon? Was folgte, war ein Tag des Großreinemachens. Wir ließen die Waschmaschine der Marina heiß laufen, wir lobpreisten die himmlischen Duschen – heiß, kräftiger Strahl, Regenwald-Duschkopf – wir räumten die Vixen auf und polierten sie. Das hatte sie sich schließlich verdient. Aber auch innen füllten wir uns gereinigt. Der Sturm in der Biskaya ist zwar ausgeblieben, was aber nicht bedeutete, dass wir nicht innere Stürme oder nennen wir es besser „Großwetterlagen“ auszufechten hatten. Für Anne und mich war es das erste Mal, das wir „auf hoher See“ waren, weit weg vom nächsten Hafen. Hinzu kam für jeden von uns die Enge des Bootes mit einer Crew, die sich teilweise trotz (oder wegen?) näheren Kennenlernen einander fremd blieb. Dies fiel in A Coruna von uns ab, wir hatten Auslauf und konnten uns – im wahrsten Sinne des Wortes – zerstreuen.

Nachdem also alles Ramponierte wieder einigermaßen blank war, machten wir uns in Begleitung der „Tangaroas“ (einer Nachbarscrew) auf in die Altstadt und fühlten uns in Folge wie Gott in Spanien. Die reichhaltigen und köstlichen Tapas und Gerichte gab es zu wahren Spottpreisen, das Bier und den Wein dito und so aßen und tranken wir bis später Stunde mit roten Wangen und fettigen Lippen und waren dankbar für die praktischen Servietten, derer es überall (zu Recht!) reichlich gab.

Den nächsten Tag verbrachten die Leichtmatrosen Judith und Anne mit Karen von der Tangaro beim Shoppen, maßgeblich in dem hervorragend sortierten Secondhandshop „Coffee andVintage“, der uns für gut zwei Stunden, nun ja, absorbierte. Glücklich betütet verließen wir den Shop, um den Rest des Nachmittags durch die schönen Gassen der Altstadt zu irrlichtern. Während dessen geschah ein Wunder der Technik: Adam setzte schließlich und endgültig die (mittlerweile berühmte) Lichtmaschine instand. Die war nämlich doch nicht so richtig heile, wie sich während der Biskaya-Überfahrt herausstellte, sondern nur „so halb“. Freude auf allen Kanälen und Respekt für so viel Geduld, Fingerspitzengefühl und Spitzfindigkeit!

Da das Wetterfenster wind- und wellenmäßig auf dem Atlantik mal wieder gegen uns war, verbrachten wir in Gänze 5 Nächte in A Coruna, hatten aber jeden Tag Sonne satt, was wir sehr feierten. So hatten wir Zeit, ins nahe gelegene Santiago de Compostela zu reisen und die Ankunft der Pilger zu bestaunen und das fetteste Schinkenbaguette „ever“ zu essen und festzustellen: wer braucht noch Labello für die Lippen, wenn es auch Jamon Serrano gibt. Wir hatten Zeit, den PaseoMaritim entlang zu spazieren, den Torre de Hercules anzugucken und uns in einer Arbeitersiedlung von A Corunazu verlaufen. Wir hatten Zeit, An- und Ablegemanöver zu üben, denn die nächsten Etappen würde es zu Dritt weiter gehen und Anne und ich sind noch recht grün hinter den Ohren, was seemännische Fertigkeiten betrifft. Und Adam und ich hatten schließlich Zeit für ein schönes Rendezvous (im Nautic-Shop und im Grillrestaurant), Beziehungspflege darf bei einer solchen Reise nicht zu kurz kommen.

Am letzten Abend in der Marina veranstalten wir gemeinsammit den Crews der Tangaroa und der Snorri ein kleinesprivates Grill-Sit-In am Steg und besuchten gegenseitig unsere Boote. Schön, diese Vielfalt an Gefährten, Herangehensweisen und Mini-Bars kennen zu lernen.

Im Morgengrauen machten wir uns auf, bei klarer Luft und schönem Schwell. Wir machten uns auf, das Kap zu umrunden. Machten uns auf die Costa del Muerte zu durchqueren. Nächstes Ziel Porto.

P.S: Kurz vor der Abfahrt geschah ein zweites Wunder der Technik: das Radar funktionierte auf wundersame Weise wieder!