Von Delfin-Orcas, Gummi-Gockeln und Pipi in den Augen: die Bucht von Biskaya

Es gibt Dinge, die existierten bis vor Kurzem nicht in meiner Welt. Eine Lichtmaschine war für mich demnach ein Ding, dass im Club für coole Visuals sorgte. Keinesfalls hätte ich es im Motorraum der SY Vixen verortet. Es ist ein Ding, das Strom macht, habe ich von Adam gelernt und dieses Ding war kaputt. Bevor wir die Biskaya durchqueren würden, galt es – so Adam –  eine neue Lichtmaschine zu besorgen und einzubauen. Das leuchtete mir ein und so war ich sehr froh, als es in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag mit ablaufendem Wasser endlich losging aus Camaret sur Mer, rein in die Biskaya. Denn ein Schönwetterfenster macht uns Druck loszukommen, es sollte nur bis Sonntag halten. Danach sollte Sturm aufziehen (Ich bin eine Hosenschisserin und hatte bereits bei der bloßen Vorstellung der Kombination von Biskaya und Sturm Pipi in den Augen). 
Adam und ich übernahmen die erste Wache unter sternenklarem Himmel. Nach kurzer Zeit schienen die Sterne ins Meer gefallen zu sein. Es glitzert im Fahrtwasser und bald kam die Delfinbande wieder vorbei und auch sie glitzerten: Leuchtalgen. Da war er also endlich, der Glitzer, den ich mir für mein Leben wünschte. Zufrieden ließ ich mich ablösen und ging in die Koje. 
Derweil navigiert Adam gekonnt durch die Untiefen der Raz de Sein. Als ich aufwachte waren, wir auf offenener See, straight quer durch die Bucht, direkt nach A Coruna. In der Folge hatten wir einen Tag lang perfektes Segelwetter und sausten mit Vollzeug durch die Wellen. Ein Riesenspaß. Die Delfine wichen nicht von unserer Seite, die Sonne schien uns ins Gesicht. Plötzlich tauchte auf Steuerbordseite ein Schwarm Seevögel auf. Wir beobachteten sie bei ihrer Jagd und waren fasziniert, wie sie sich wie tote Gummi-Gockel kopfüber ins Wasser plumpsen ließen. Wunderbare Welt der Tiere. 
Nachts war es dann etwas weniger wunderbar, als sich peu a peu immer mehr Meeressäuger um die Vixen formieren. Deutlich größer als die uns bekannte freundliche Delfinbande und dazu prustend und schnaubend und schwanzflossenschlagend und sehr nah am Boot dran. Wir schätzten sie auf 30 Tiere. Ihr Gesang erfüllte das gesamte Boot unter Deck. Ein Schauspiel, faszinierend und beängstigend zugleich. Ich – mal wieder mit Pipi in den Augen – war überzeugt, daß es bestimmt Orcas waren, zumindest ganz kleine Orcas, auf jeden Fall keine lieben Delfine. Adam war sich sicher, dass es Delfine waren, sehr groß, ja, aber bestimmt nette. Wir einigten uns auf Delfin-Orcas oder vielleicht auch seltene Delfinatoren, wer weiß das schon so genau. Wir nicht und so wird die Identität der Tiere für immer ein Geheimnis bleiben. Ein weiteres Mysterium der sagenumwobenen Biskaya. 
Es folgten zwei unspektakuläre Tage Flaute, die wir größtenteils motort sind und uns dabei die Zeit mit anspruchsvoller Lektüre vertrieben haben 😉 Die letzte Stunden hat es sich dann doch noch einregnet und der Wind wurde deutlich kräftiger und blies von vorn. Im Schneckentempo stampfte die Vixen voran und so kamen wir nach rund 70 Stunden Biskaya mitten in der Nacht im Hafen von A Coruna an. Ganz ungeschoren wollte uns die Biskaya dann wohl doch nicht davon kommen lassen. 

Delfinatorengesang

Kurzes Youtube Video vom Sonnenaufgang auf unsere Überfahrt